Großes Leben im selbstgebauten Tiny House

Der große Traum von einem Leben in einem kleinen Haus: Bisher gibt es kaum Angebote dafür. Deshalb hat Lisa Koßmann selbst angepackt und erzählt nun, wie der Hausbau preiswert gelingen kann, ob weniger Raum auch Verzicht bedeutet, wo sie das mobile Haus platziert und ob das Tiny House eine Dauerlösung für sie ist.

Viel Geld für wenig Raum – das Angebot an Mietwohnungen ist besonders für junge Menschen nicht wirklich attraktiv. Warum also nicht was Eigenes bauen? Klingt paradox, aber mit einer großen Portion Kreativität und handwerklichem Geschick hat sich Lisa Koßmann den Wunsch von einem eigenen Haus erfüllt. Seit Oktober 2019 wohnt sie in einem 23 Quadratmeter großen Tiny House (noch) in der Nähe von Karlsruhe.

Woher kam überhaupt der Wunsch nach einem Tiny House? „Angefangen hat alles in London. Ich habe dort während meines Studiums ein Praxissemester an einer deutschen Schule absolviert und vier Monate lang aus zwei Koffern gelebt. Als ich zurück in Deutschland war, hat mich das ganze Zeug überfordert. Ich habe angefangen auszumisten und habe mich danach unglaublich frei gefühlt“, sagt die 28-Jährige. Gegen Ende ihres Studiums hat sie sich dann Gedanken darüber gemacht, wie und wo sie leben möchte: „Die Mietwohnungen in Karlsruhe waren für mich zu dem Zeitpunkt zu teuer. Also dachte ich mir: Warum nicht einmalig etwas mehr investieren und dafür ein eigenes Zuhause bauen?“

Individuelle Einrichtung mit allem Komfort

Seit 2017 hat sie viel Zeit in die Planung und Arbeit am Hausbau investiert; Kostenpunkt: knapp 35.000 Euro. Den Raum hat die Tiny House-Bewohnerin nach ihren Wünschen gebaut und eingerichtet: „Im Erdgeschoss habe ich alles, was ich brauche: ein Klappbett mit Stauraum (zum Beispiel für einen Drucker), einen Arbeitsplatz, einen Kleiderschrank, eine Küche und ein Badezimmer.“ Verzichten muss sie auf nichts: „Ich habe eine vergleichsweise große Küche inklusive Backofen, Spül- und Waschmaschine. Dafür habe ich das Bad kleiner gestaltet, aber so, dass eine Duschwanne, ein Waschtisch und eine Toilette reinpassen. An der Heizungsanlage habe ich nicht gespart, sie ist mit 8.000 Euro sicherlich die größte Investition.“

In ihrer Küche muss die Tiny House-Bewohnerin auf nichts verzichten (s. erstes Foto). Und die hauptberufliche Youtuberin nutzt ihre 23 Quadratmeter große Wohnung auch, um Videos zu produzieren. Fotos: Lisa Koßmann

Mehr Mut zum Handwerk

Dass das Tiny House nur knapp 35.000 Euro gekostet hat, liegt insbesondere an der eigenen handwerklichen Leistung, die Koßmann in das Haus gesteckt hat: „Meine Eltern und ich haben fast alle Möbel selbst gebaut, um zum einen das Gewicht möglichst gering zu halten und zum anderen, um den Raum bestmöglich auszunutzen. Man möchte natürlich keinen Zentimeter verschenken“, sagt Koßmann. Die selbstgemachten Werke machen sie stolz und glücklich.

Wohin mit dem Haus?

Die rechtliche Situation muss die Tiny House-Bewohnerin genau kennen. Um das Haus bewegen zu können, muss Koßmann die Straßenverkehrsordnung berücksichtigen. Heißt also: Das Haus ist auf einem PKW-Anhänger auf Rädern gebaut und wiegt 3,5 Tonnen. Bei der Platzierung des Hauses kommt das Baurecht ins Spiel. Koßmann darf mit dem Haus nur auf einem erschlossenen Baugrundstück leben: „Noch steht das Haus im Garten meiner Eltern. Bald stelle ich das Haus für eine begrenzte Zeit auf eine angemietete und unbebaute Fläche – eine Win-Win-Situation für mich und den Grundstückbesitzer, der dort erst in vielen Jahren ein Haus bauen will.“

Wieder zurück in eine Wohnung oder ein Haus in einer „üblichen“ Größe zu ziehen, schließt Koßmann nicht aus. „Den Wohnraum wählt man sich ja passend zur aktuellen Lebensphase aus; momentan ist das Tiny House für mich die perfekte Lösung.“ Vorteile vom kleinen Wohnen sieht Koßmann viele: Die laufenden Kosten sind mit denen einer Mietwohnung vergleichbar, man hat weniger Platz, um „unnötiges Zeug“ anzusammeln, und sie verbringt seitdem mehr Zeit in der Natur. Ob sie irgendwann mehr Platz braucht, wird sich zeigen. Bis dahin genießt sie ihr selbstgebautes Heim auf 23 Quadratmetern.

Über Lisa Koßmann

Die Tiny House-Bewohnerin betreibt unter dem Pseudonym „Nessa Elessar“ zwei YouTube-Kanäle, einen über Ihr Hobby, das Gaming, und einen über ihr Leben und den Bau ihres Tiny Houses. Mehr über die Minimalistin unter www.nessaelessar.com und unter www.youtube.com/nessaelessar.